Mo., 13.05.19 19 Uhr
Was tun gegen Hass, Diskriminierung und politische Hetze? (2.0)
Referat von Martin Becher *), mit anschließender Diskussion und Fragen an den Referenten
*) Zu Martin Becher: Diplom-Pädagoge, Politologe, Geschäftsführer des Bayerischen Bündnis für Toleranz, Demokratie und Menschenwürde schützen
Martin Becher: „Rechtsextremismus ist kein Phänomen, das sich auf einige Wenige beschränken lässt. Die Arbeit gegen rechts in vielen Bündnissen – vor Ort und landesweit – ist dabei zentral“.
Nach der überwältigenden Resonanz auf das Referat von Herrn Becher bei der Mitgliederversammlung 2018 vom Aktionsbündnis konnten wir Herrn Becher für ein weiteres Referat gewinnen.
Aus dem Referat in der Mitgliederversammlung
Das Eisbergmodell (Struktur des Rechtsextremismus)
- Oberhalb der Wasseroberfläche
Nur ein kleiner Teil des Rechtsextremismus befindet sich „oberhalb der Wasseroberfläche“ und ist sofort erkennbar: diejenigen, die heute als Neonazis bezeichnet werden und von denen es laut aktuellem Verfassungsschutzbericht etwa 2.200 Personen in Bayern und 24.000 Personen in der gesamten Bundesrepublik Deutschland gibt. Dies sind Menschen, für die das Eintreten für die nationalsozialistische Ideologie eine Berufung darstellt und zum kompletten Lebensinhalt wird – in den frühen neunziger Jahren gab es darüber einen Dokumentarfilm mit dem treffenden Titel „Beruf Neonazi“.
- Mittlere Ebene
Unterhalb der Wasseroberfläche, in der „mittleren Ebene des Eisbergs“, befindet sich die komplette Infrastruktur des Rechtsextremismus: Parteien mit ihren Leitungsstrukturen, Mandatsträgern und Wählern, Internetseiten, Sozialen Medien, Verlagen, Zeitungen, Autoren, entsprechenden Versandhäusern, einer gesamten Musikindustrie usw. Hierzu gehört auch der intellektuelle Teil, die sogenannte Neue Rechte mit ihrer teilweise guten Vernetzung in Staat, Wirtschaft, Gesellschaft und Universitäten, dort unter anderem auch einigen Burschenschaften.
- Basis
In der dritten Ebene befindet sich quasi die „Basis des Eisbergs“ in Form von Einstellungen und Haltungen vieler Menschen: Zuschreibungen, Vorurteile, Feindseligkeiten, Ausgrenzungsmechanismen. Hier sind in erster Linie drei Studien zu erwähnen, die dazu gesicherte Erkenntnisse liefern: der Antisemitismus-Bericht des Deutschen Bundestages, die „Mitte-Studien“ der Friedrich-Ebert-Stiftung und der Universität Leipzig sowie Studien über Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit (Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung, Universität Bielefeld: Deutsche Zustände). Für die Kirche bieten diese wissenschaftlichen Studien wichtige Erklärungsmuster zu den Voraussetzungen von Rechtsextremismus. Entscheidend ist dabei, dass die Ursachen und die Entstehungsbedingungen von Ressentiments nachvollzogen werden.
Durch das Eisbergmodell wird deutlich, dass Rechtsextremismus kein Phänomen ist, das sich auf einige Wenige beschränken lässt. Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern (ELKB) ist davon überzeugt, dass hinsichtlich der Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus Personen oder auch Institutionen erst dann Teil der Lösung werden können, wenn sie akzeptieren, dass sie Teil des Problems sind.
(Aus: https://www.bayern-evangelisch.de/was-uns-bewegt/rechtsextremismus.php#tab13 )