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Berufswunsch: Handwerkskunst – Miriam Zeller ist Bayerische Meisterin im Fliesenlegerhandwerk

Hilpoltstein - Dass Mädchenträume in beruflicher Hinsicht immer nur mit Büro und Aktenordnern zu tun haben sollen, weist Miriam Zeller entschieden von sich. Sie hörte auf ihr Herz und setzte sich gegen den Ratschlag ihrer Eltern durch. Statt tristem Büroalltag zog sie eine Ausbildung im Handwerk vor und machte eine Ausbildung zur Fliesenlegerin. Mittlerweile ist sie im Kader der Nationalmannschaft ihrer Zunft angekommen und trägt zu Recht mit Stolz den Titel „Bayerische Meisterin“.

  • Beim konzentrierten Arbeiten bekommt Miriam den Kopf frei.

    Beim konzentrierten Arbeiten bekommt Miriam den Kopf frei.
    © Miriam Zeller

  • Miriam Zeller und Philipp Schlegel beim AlpenCup in Bozen.

    Miriam Zeller und Philipp Schlegel beim AlpenCup in Bozen.
    © PCI-AlpenCup

  • Miriam Zeller mit den Kollegen aus der Deutschen Nationalmannschaft

    Miriam Zeller mit den Kollegen aus der Deutschen Nationalmannschaft
    © Miriam Zeller

  • Miriam Zeller und Philipp Schlegel in Emsdetten beim Training für den AlpenCup

    Miriam Zeller und Philipp Schlegel in Emsdetten beim Training für den AlpenCup
    © Miriam Zeller

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Video zum Thema: Bayerische Meisterin – Die Top-Fliesenlegerin aus Hilpoltstein
© Abendschau | BR24

Wir sprechen mit der 21-Jährigen, die es sich von Anfang an in den Kopf gesetzt hatte, Fliesenlegerin zu werden. Schon im Kindesalter antwortete sie den Erwachsenen, die sie fragten, was sie einmal werden wolle, „ich werde Fliesenlegerin“. Als sie älter wurde, dachte sie mitunter daran, Architektin zu werden, aber am Ende landete sie gedanklich dann doch immer wieder dabei, das Handwerk ausüben zu wollen, das schon ihr Papa beruflich zu seiner Profession gemacht hatte.

„Sogar in einigen Poesiealben von Mitschülerinnen kann man das heute noch nachlesen, auch da habe ich immer als Berufswunsch die Fliesenlegerin hineingeschrieben.“

Wer nun denkt, dass das von den Eltern so beeinflusst war, um die Nachfolge für den Familienbetrieb zu sichern, der irrt sich. „Der Papa wünschte sich, dass ich ins Büro gehe.“ Er wollte seiner Tochter die körperliche Arbeit ersparen und hatte andere Pläne für seinen Nachwuchs.

Miriam folgte zunächst dem Ratschlag der Eltern und begann nach der Schule eine kaufmännische Ausbildung. Glücklich war sie damit aber nicht. Sie fühlte sich nicht gut aufgehoben und wurde dort von Vorgesetzten und Kollegen kaum unterstützt, sondern eher unfair behandelt. Das merkte auch der Papa und er sah bald ein, dass Miriams Traumjob eben die Fliesenlegerin ist. Nach einem Jahr war es dann so weit, Miriam wechselte die Ausbildungsstelle und ging beim Papa in die Lehre.

„Er hat sich von Anfang an richtig um mich gekümmert und nahm sich immer die Zeit, mir die Sachen gut zu erklären.“

Natürlich war es von Vorteil, dass sie im elterlichen Betrieb lernen durfte. „Der Papa hat mich schon in der ersten Woche der Ausbildung fliesen lassen. Er hat es mir erklärt und mich dann machen lassen. Und ich habe mich angestrengt, denn ich wollte ja gut sein.“

Als einziges Mädchen in der Berufsschule musste sie sich unter all den Jungs behaupten. „Es war niemand blöd zu mir, aber ich hatte das Gefühl, dass man mich anfangs dort ein wenig belächelte –aber nur bis zur ersten praktischen Aufgabe.“ Die Fliesenleger sind im ersten Grundausbildungslehrjahr in einer Klasse mit Maurern und Stuckateuren untergebracht und die erste praktische Aufgabe bestand darin, eine Mauer zu setzen. Miriam zeigte da gleich einmal, was sie kann. Ihre Mauer war gerade und bekam die besten Noten von allen. „Erst ab diesem Zeitpunkt hatte ich mir den Respekt bei den anderen verdient“.

Aufgrund ihrer hervorragenden Leistungen konnte Miriam die Ausbildung auf 2 1⁄2 Jahre verkürzen und hat endlich ihr Berufsziel erreicht; sie war nun Fliesenlegerin. Aber damit nicht genug. Nachdem auch die anderen aus ihrer Berufsschulklasse nach 3 Jahren den Abschluss gemacht hatten, stand fest: Miriam ist Kammersiegerin und somit die Beste in ihrem Ausbildungsjahrgang.

„Das kam auch für mich überraschend. Ich wusste zwar, dass ich nicht schlecht war, aber mir war nicht bewusst, dass ich die Beste von allen bin.“

Als Kammersiegerin bekam sie danach die Gelegenheit, auf der bayerischen Meisterschaft ihr Können unter Beweis zu stellen. Ihre Mitstreiter: die Kammersieger aus den anderen bayerischen Regionen. Die Aufgabe damals war, an eine Wand mittels Hartschaumplatten einen kleinen, runden Tisch anzubauen und alles danach fachgerecht zu fliesen und zu verfugen. Eine echte Herausforderung, damals so kurz nach der Lehre. Miriam besteht mit Bravour, sie wird bayerische Meisterin im Fliesenlegerhandwerk.

Darauf ist sie stolz. Besonders auf die Tatsache, dass sie damit ihrem Papa auch etwas zurückgeben kann. Eine Bestätigung, dass beide das damals richtig entschieden haben und sie die kaufmännische Lehre an den Nagel hängen durfte.

Nach der bayerischen Meisterschaft trat Miriam Zeller auch zur deutschen Meisterschaft an. In diesem Wettbewerb siegte ihr Berufskollege Philipp Schlegel aus Sachsen-Anhalt, gefolgt von Luis Brauner aus Nordrhein-Westfalen. Miriam Zeller gewann die Bronzemedaille.

„Wie es scheint, werde ich in Zukunft schon den Betrieb vom Papa übernehmen, aber noch nicht gleich“.

Aktuell macht sie ihren Fliesenlegermeister und möchte auch noch in anderen Betrieben Erfahrungen sammeln dürfen. Der Vater, auch wenn er mit 65 Jahren sicherlich auch an den Ruhestand denken wird, macht ihr keinen Druck. Darüber ist sie sehr froh. Dennoch beschäftigt sich Miriam ganz automatisch mit den Gedanken an die Zukunft des väterlichen Unternehmens, gerade, wenn es um notwendige Anschaffungen und Erneuerung geht. Denn Investitionen, die der Vater heute tätigen muss, sind Dinge, die die berufliche Zukunft von Miriam stark tangieren werden.

Aber sie will einfach noch mehr dazulernen und den Papa noch möglichst lange an ihrer Seite haben. „Er weiß, wie es geht, einen Betrieb zu leiten. Das muss ich doch noch lernen und da brauche ich den Papa unbedingt. Als Ratgeber und Unterstützer. Aktuell fühle ich mich mit 21 Jahren noch zu jung dazu, um selbstständig einen Betrieb zu leiten“.

Wenn beide an einem Auftrag arbeiten, dann tun sie das als gleichberechtigte Handwerker.

„Wenn wir etwa die Fliesenpäckchen in die oberen Stockwerke tragen, dann nehme ich genauso viele Päckchen wie der Papa unter den Arm.

Früher haben die Auftraggeber alles mit meinem Vater besprochen, aber mittlerweile kommt es immer öfter vor, dass sie auch das Gespräch mit mir suchen und mich um Rat fragen“. Das freut die junge Handwerkerin natürlich sehr. Ich möchte gut sein und mein Können auch zeigen dürfen.

Sie ist sehr froh, diesen beruflichen Weg eingeschlagen zu haben und hat es nie bereut. Die Vorurteile dem Handwerk gegenüber möchte sie ausräumen. Sie will andere junge Menschen dazu ermuntern, eine handwerkliche Lehre zu beginnen, wenn das Herz sagt, dass es der richtige Weg ist und sich auch einmal über die Ansichten anderer hinwegzusetzen. „Das Handwerk ist so unglaublich vielseitig. Man kann so vieles mit seinen eigenen Händen bewerkstelligen und stolz darauf sein“.

„Wenn du das liebst, was Du mit Deinen Händen machst – dann mach es“.

Es ist nichts verkehrt daran, ein Handwerker zu sein. Eher im Gegenteil. Der Job ist gut für den Kopf und die körperliche Auslastung. Wenn Miriam über ihrer Arbeit ist, dann tut ihr die Konzentration gut, sie bekommt den Kopf frei und findet innere Balance. Um Rückenproblemen vorzubeugen, geht sie als Ausgleich 2x wöchentlich ins Fitness-Studio.

Über ihren Papa staunt sie heute noch. Sie bewundert, wie schnell er auf der Baustelle im Kopf Volumen und Material zusammenrechnen kann. Seine handwerkliche Tätigkeit hat ihn auch mental fit bleiben lassen. „Da hätte ich oft schon den Taschenrechner zur Hand genommen“, gibt Miriam zu.

Zum viel gerühmten goldenen Boden des Handwerks nickt sie zustimmend. „Man kann im Handwerk richtig gutes Geld verdienen, auch in der Ausbildung wird anständig bezahlt. Es gibt ausreichend Lehrstellenangebote und die meisten Jobs sind krisensicher. Es gibt also gar keinen Grund, die Menschen im Blaumann in Werkstätten und auf den Baustellen zu belächeln. Sie machen ihr Ding, können oft gut mit Geld umgehen, weil sie anders gelernt haben zu wirtschaften“.

Gerade den Mädels möchte sie Mut machen, sich auch die Handwerksberufe anzuschauen, die ursprünglich echte Jungs-Domänen waren.

Als Fliesenlegerin war sie die Einzige im Mittelfranken. Malerinnen dagegen gibt es schon häufiger. Maurerinnen wieder kaum. Angst, nicht mehr „Mädchen“ sein zu können, brauchen die Mädels nicht zu haben, meint Miriam Zeller. Man kann auch in ordentlicher Arbeitshose und einem Polo schick ausschauen und braucht auch nicht, wenn man nicht möchte, den ganzen Tag ungeschminkt herumzulaufen. Miriam fühlt sich jedenfalls als Fliesenlegerin nicht unweiblich. Es kommt immer darauf an, was man daraus macht, ist ihre Devise.

„Probiert es aus, und wenn es für Euch nicht gut ist, dann wisst ihr hinterher zumindest, was ihr nicht wollt, und das ist dann viel mehr als zuvor“, rät Miriam Zeller allen, die noch nach dem richtigen, beruflichen Weg suchen.

Von: Anja Albrecht (meier Redaktion), Sonntag, 14. Juli 2024 - Aktualisiert am Montag, 15. Juli 2024
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