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120ster Geburtstag der Radrennbahn Reichelsdorfer Keller und Ende einer Ära

Reichelsdorfer Keller - Die Rennbahn hat im August Geburtstag! Und dieses Datum wollen wir nicht einfach übergehen, sondern Sie einladen zu Spaziergängen rund um Geschichte und Geschichten. Viele haben die Steherrennen noch vor Augen – immerhin haben sie bis 2017 regelmäßig am Reichelsdorfer Keller stattgefunden. Man erinnert sich gerne an das hohe Tempo der Radrennfahrer, das laute Knattern der Schrittmacher-Maschinen, die spannenden Überholmanöver, den unverkennbaren Geruch des Treibstoffs, dieses ganz besonderen Benzin-Öl-Gemischs, der während des Rennens über der Bahn lag und sich an lauen Sommerabenden mit dem Duft der alten Kiefern mischte. Unvergesslich für all diejenigen, die dabei waren!

  • Eingang Radrennbahn Reichelsdorfer Keller

    Eingang Radrennbahn Reichelsdorfer Keller
    © Dorith Müller

  • Luftbild Radrennbahn Reichelsdorfer Keller, alt

    Luftbild Radrennbahn Reichelsdorfer Keller, alt
    © Archiv S. Strobel

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Zur Historie der Radrennbahn gibt es ein YouTube-Video vom Bund Naturschutz
© Bund Naturschutz

Und das war die Situation vor 120 Jahren …

Um die Jahrhundertwende hatte fast jede größere deutsche Stadt eine Radrennbahn. In Nürnberg war die erste Bahn im Jahr 1884 an der Fürther Straße eröffnet worden (mit leicht geneigten Kurven). Schon 8 Jahre später entstand die anspruchsvollere Bahn an der Rothenburger Straße mit einer Länge von 400m und einer Kurvenüberhöhung von fast einem Meter; 1896 wurde sie jedoch wieder geschlossen und Nürnberg war ohne Radrennbahn! Das war nicht akzeptabel für eine Stadt, in der das Fahrrad äußerst populär war, wo ca. ein Viertel der deutschen Fahrräder hergestellt wurden (bei Hercules, Mars, Triumph, Victoria und Premier) und innerhalb weniger Jahre mehr als 50 Radfahr- und Radsportvereine entstanden waren. Eine Situation ohne Rennbahn wollten die Bürger nicht hinnehmen: die radsportbegeisterten Gebrüder Schalkhaußer, Brauereibesitzer aus Reichelsdorf – mit weitläufigem Grundbesitz am Reichelsdorfer Keller – stellten kurzerhand das Gelände für den Bau einer Rennbahn zur Verfügung, zunächst für 30 Jahre und zinslos. Zur Planung und Realisierung war ein Verein gegründet worden, der  „Verein Sportplatz Nürnberg e.V.“ (später „Verein Sportplatz Nürnberg 1903 e.V.“). Einen geeigneten Architekten fand man in Leipzig und schon im Mai 1904 konnte die Baufirma Andreas Meyer aus Reichelsdorf mit den Arbeiten vor Ort beginnen. So schnell kann es gehen, wenn Bürger aktiv werden!

Baubeginn im Juni 1904

Mit großem Enthusiasmus verfolgte damals die Rad-Welt – eine überregionale Zeitung „für die Gesamt-Interessen des Radfahrens und des Kraftfahrwesens“ – die Geschehnisse am Reichelsdorfer Keller und schreibt am 4. Juni 1904: „Der Verein Sportplatz Nürnberg (Reichelsdorfer Keller) hat mit dem Bau seiner modernen Rennbahn begonnen. … Die Bahn erhält eine Länge von 400 Meter und eine höchste Kurvenerhöhung von 6,12 m. Sie wird allen Anforderungen entsprechen, welche man zur Zeit an eine Rad- und Motor-Rennbahn stellt. Das Unternehmen der Nürnberger Sportfreunde ist umso mehr zu begrüßen, als leider in ganz Bayern heute keine moderne Bahn besteht. Der Nürnberger Platz dürfte daher eine Sportzentrale für Bayern werden. In nächster Nähe Nürnbergs und in reizender Lage direkt hinter dem vielbesuchten Reichelsdorfer Keller wird die Bahn wohl ein Anziehungspunkt für das Nürnberger Gesamtpublikum werden. Zu den Kosten hat der rührige Verein „Sportplatz Nürnberg (Reichelsdorfer Keller) e.V. bereits 27.000 M aufgebracht. Doch wäre es dringend zu wünschen, wenn auch weitere Sportkreise dem Unternehmen ihre Unterstützung zuwenden würden. Bis Ende Juli würde die Bahn fertiggestellt sein, sodass die ersten Rennen Anfangs August stattfinden können.“  

Fertigstellung der Bahn nach gut acht Wochen Bauzeit

Eine Woche vor der geplanten Eröffnung der Radrennbahn berichtet die Rad-Welt am 13. August 1904:  „Auf dem neuen Sportplatz zu Nürnberg herrscht reges Treiben. Fleißige Hände sind emsig beschäftigt, die Zementdecke herzustellen, so dass die Bahn bereits nächsten Mittwoch dem Training übergeben werden kann. Sonntag, den 21. August, nachmittags 4 Uhr, finden die ersten Rennen auf dem neuen Sportplatz statt, und zwar Eröffnungsfahren, Erstfahren, Hauptfahren, Tandemfahren, Motorfahren und Prämienfahren über 2 km… Für die Ersten jeder Runde gibt es 5 und 8 M. Der Erste der letzten Runde erhält 30, der Zweite 20 und der Dritte 10 M.“

In der Ausgabe der Rad-Welt eine Woche später (20. August 1904) wird die Vorfreude kurz vor der Eröffnung der Bahn beschrieben: „Welch äußerst lebhaftes Interesse das Nürnberg Publikum dem Sportplatz entgegenbringt, zeigte sich am letzten Sonntag, an dem Tausende hinausströmten, um die fast fertige Bahn zu besichtigen. Von mehr oder weniger sportskundigen Kritikern konnte man des Öfteren Ausdrücke des Erstaunens hören. Viele zweifelten, ob man auf einer solchen Bahn mit derart erhöhten Kurven überhaupt noch fahren könne. Der Sonntag wird den Beweis erbringen.“

Eröffnung der Bahn am Reichelsdorfer Keller am 21. August 1904

In der Ausgabe der Rad-Welt vom 24. August 1904 finden wir folgenden Bericht über die Eröffnung der Bahn am 21. August: „Nürnberg, dieser mächtige Sitz einer hochentwickelten Fahrrad-Industrie, hat nun wieder eine Rennbahn. Und dass das Interesse am Radsport nicht im Schwinden begriffen ist, bewies der Massenbesuch von ca. 12. 000 Personen, die alle herbeigeeilt waren, um bei der Eröffnung des neuen Sportplatzes zugegen zu sein. Schon in den ersten Mittagstunden war der Verkehr auf dem Nürnberger Hauptbahnhof beängstigend; Zug um Zug brachte die Besucher zur Haltestelle Reichelsdorfer Keller. Kaum zweihundert Schritte vom Bahnhof entfernt liegt mitten im Walde der Sportplatz. Leider musste überall noch letzte Hand angelegt werden. Die Öffnung der Eingangstore wurde deshalb hinausgeschoben, so dass die draußen stehende Menge die Geduld verlor und sich durch das Eindrücken des Tores gewaltsam Eintritt verschaffte. Die von der Wach- und Schließgesellschaft ausgeübte Kontrolle war alles andere als eine solche; die Leute verfügten über zu wenig Energie und verloren den Kopf. Eine finanzielle Einbuße hat der festgebende Verein dadurch sicher erlitten. Auch müssen noch mehr Plätze geschaffen werden in aufsteigender Weise, damit ein Drängen vermieden wird. Die zu kleine Tribüne kommt im kommenden Jahre ohnehin weg, um einer großen stabilen Tribüne Platz zu machen, unter der dann auch besser eingerichtete Wasch- und Ankleideräume geschaffen werden. ….. Auch sollte die Staatsbahn veranlasst werden, außer den jetzigen Extrazügen einen solchen mit zweiter Klasse abzulassen, um dem feineren Publikum und den Offizieren Gelegenheit zu geben, günstig zum Festplatz zu kommen. … Diejenigen Herren, die durch ihre Tätigkeit und Opfer den allen modernen Anforderungen gerecht werdenden Sportplatz geschaffen haben, können stolz auf ihr Werk sein. Das Publikum verfolgte die Fahrten mit großem Interesse.“ 

August 2024 – der 120ste Geburtstag der Rennbahn !

Nur wenige Sportanlagen können auf 120 Jahre Sportgeschichte zurückschauen. Als ältester Sportplatz Nürnbergs strahlte die Rennbahn lange etwas von dieser ruhmreichen Vergangenheit aus. Heute blickt sie ihrem Ende entgegen. Wir wollen den Rennbahn-Geburtstag jedoch zum Anlass nehmen, um in Geschichte und Geschichten rund um die Rennbahn einzutauchen und an unvergessene Namen von Schrittmachern und Radrennfahrern erinnern.
Weiterhin soll die Rennbahn – seit 2022 ein anerkanntes Denkmal – in einen Zusammenhang mit anderen Denkmälern und dem kulturgeschichtlichen Erbe am Reichelsdorfer Keller gestellt werden.    Bei Spaziergängen am Samstag, den 24. August 2024 werden wir auf Spurensuche zu gehen.
Wir laden Sie ein, sich mit dem Bürger- und Geschichtsverein Reichelsdorfer Keller e.V. auf den Weg zu machen u.a. zu Turmhügel, Rennbahn, Überreste des Familienflussbads, Bahnbrücke, Wässerwiesen, Ev. Wehrkirche Katzwang mit Einkehrmöglichkeit.
Dauer:  ca. 3 Stunden, mit der Möglichkeit zur Abkürzung bei jeder Station.
Treffpunkt ist um 10.00 Uhr und um 13.30 Uhr jeweils am S-Bahnhof Reichelsdorfer Keller.
Wenn Sie gerne teilzunehmen möchten, würden wir uns über eine (unverbindliche) Anmeldung freuen – das erleichtert uns die Organisation.
Das genaue Programm wird auf der Homepage Bürger- und Geschichtsverein Reichelsdorfer Keller | Für die Interessen und Belange unseres Stadtteils ( www.reichelsdorfer-keller.org ) ab Anfang August 24 veröffentlicht. Sollten Sie mit Bildern oder Geschichten zu den Spaziergängen beitragen wollen, freuen wir uns schon jetzt über Ihre diesbezügliche Rückmeldung unter info@reichelsdorfer-keller.org .

Dr. Dorith Müller
Bürger- und Geschichtsverein Reichelsdorfer Keller e.V.

Termin: Samstag, 24. August 2024: Spaziergang „Rennbahn-Geburtstag“
Beginn 10.00 Uhr und 13.30 Uhr jeweils am S-Bahnhof Reichelsdorfer Keller.
Dauer: ca. 3 Stunden (mit Möglichkeiten zur Abkürzung). 

Von: Dorith Müller (Vorstand Bürger- und Geschichtsverein Reichelsdorfer Keller e.V.), Montag, 08. Juli 2024 - Aktualisiert am Freitag, 12. Juli 2024

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