meier Magazin - Weihnachten 2022 / 23. Jhg.

Garten- Saison 2022 Wild auf Garten 68 LBV Landesbund für Vogelschutz in Bayern e.V. Misteln bringen Streuobstwiesen kein Glück Die beliebteWeihnachtsdeko ist für Obstbäume bayernweit ein wachsendes Problem – Regelmäßiger Baumschnitt ist wichtig In der Weihnachtszeit sind sie beliebte Deko: Misteln. Die kugelig wachsenden Pflanzen werden gern über Türrahmen gehängt – nach altem Brauch soll ein Kuss unter demMistelzweig für Liebesglück sor- gen. Die Laubholz-Mistel hat allerdings wenig Romantisches an sich. Deutschlandweit ist sie stark auf demVormarsch, für Obstbäume wird sie zunehmend zur Gefahr – vor allem mit Blick auf Streuobstwiesen. „Die Pflanzen leben als Halbschmarotzer und entziehen demWirt mit ihren SaugwurzelnWasser und Nährstoffe. Besonders gefährlich wird es für Bäume, die nicht regelmäßig gepflegt werden“, so Franziska Wenger, LBV-Streuobst-Expertin.„Für einige Gegenden, insbesondere in Süd- und Mitteldeutschland, sind Misteln darum inzwischen zum massiven Problem geworden.“ Der bayerische Naturschutzverband LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz) zeigt, welche negativen Auswirkungen die beliebteWeihnachtsdeko auf die heimischen Streu- obstwiesen hat. Der LBV rät, alle vier Jahre im Spätwinter und zeitigen Frühjahr befallene Obstbäume konsequent zu beschneiden. „Äste mit Mistelbefall sollten mindestens 30 bis 50 Zentimeter ins gesunde Holz zurück abgesägt wer- den. Damit kann die Ausbreitung der Misteln meist gestoppt werden, wenn der Baum noch nicht zu stark angegriffen ist“, sagt Franziska Wen- ger. Andere Bekämpfungsmethoden, wie etwa das Abschneiden der Mis- teln oder ihr Abdecken mit schwarzer Folie haben sich nicht als erfolg- reich erwiesen. Für die Verbreitung der Misteln hat sich die Natur einen besonderen Trick einfallen lassen: Ihre weißen Früchte sind sehr klebrig. „Viele Vögel na- schen gern an den Beeren. Ein Teil der Früchte bleibt dabei an ihren Schnäbeln haften. Wetzen die Vögel den Schnabel an einem Zweig oder hinterlassen dort ihren Kot, kleben die Mistelsamen an der Rinde des künftigenWirtsbaumes fest. So kann sich die Mistel über viele Kilometer verbreiten“, erklärt Wenger. Bei vielen Vogelarten wie der Mistel-, Sing- undWacholderdrossel stehen die Mistelbeeren auf dem Speiseplan. Mis- teln können bis zu 70 Jahre alt werden. Sie wachsen eher langsam. Erst im zweiten Jahr bildet sich der erste verzweigte Spross mit ledrigen Laub- blättern. Bis die Pflanze ihre typische kugelige Form erreicht, vergehen viele weitere Jahre. Als Ursachen für die Ausbreitung der Mistel sieht der LBV vor allem die unregelmäßige Pflege von Streuobstbeständen und die Klimakrise. Da- neben begünstigen lange Trockenphasen und der daraus resultierende Stress für die Obstbäume den Vormarsch der Mistel. Gleichzeitig rückt die Mistel auch in höhere Lagen vor, inzwischen befällt sie Bäume in Lagen über 1.000 Meter. „In vielen Gegenden hält sich zudem das hart- näckige Gerücht, Misteln stünden unter besonderem Schutz – das ist falsch. Sie dürfen geschnitten werden und das sollten sie auch“, so Fran- ziska Wenger. Gegen die Verbreitung von Misteln vorzugehen ist eine wichtige Maß- nahme, um die gesetzten Ziele aus dem Bayerischen Streuobstpakt zu erreichen. „Private Streuobstwiesenbesitzerinnen und -besitzer sollten daher besonderen Wert auf eine regelmäßige fachgerechte Pflege ihrer Streuobstbäume legen und Misteln frühzeitig entfernen“, sagt Franziska Wenger. Verbraucher*innen können beim Kauf in Gartencentern oder Blumengeschäften die Herkunft der Misteln meist nicht eindeutig erken- nen. Zu privaten Zwecken dürfen Misteln in kleinemUmfang gesammelt wer- den, solange der Baum dabei nicht beschädigt wird. Die Mistel sollte daher abgeschnitten und nicht abgerissen werden. Außerdemmuss der Besitzer der Streuobstwiese um Erlaubnis gefragt werden. Weißbeerige Mistel-Frucht © Andreas Hartl / LBV Bildarchiv

RkJQdWJsaXNoZXIy NDM5MDU=