meier Magazin - Dezember 2022 / 23. Jhg.

63 : : Naturschutz : : Energiewende : : Artenschutz : : Nachhaltigkeit : : Klimaschutz Kein ICE-Werk bei Harrlach Rettet den Steinkrebs! Rettet unser aller Wasser! Die neu entdeckte Population des streng geschützten Steinkrebses steht stellvertretend für ein regional wichtigesWassereinzugsgebiet, das an die 200.000Menschen der Regionmit Trinkwasser versorgt. Eine großflächigeVersiegelung durch ein ICEWerk würde nicht nur den Steinkrebs, son- dern auch das ganze Gebiet gefährden. Kürzlich hat eine Meldung vom heiß umstrittenen ICE Werk Standort Harrlach für Aufsehen in der Presse ge- sorgt. Auf dem Gelände entdeckte ein ortsansässiger Landwirt eine Population des streng geschützten Stein- krebses. Bilder des Fundes mit Verdacht auf Steinkrebs wurden von demgeprüften Natur- und Landschaftspfle- ger Klaus Brünner weitergeleitet an das Bayerisches Lan- desamt für Umwelt, deren Fachaußenstelle für Gewäs- serökologie die Artbestimmung gegenüber der Höhe- ren Naturschutzbehörde bei der Regierung von Mittel- franken bestätigte. Mehrere Gesetze sollen diese besonders bedrohte Tierart schützen: ist es doch eine prioritäre FFH-Art von gemeinschaftlichem Interesse (EU-Code 1093, Anhänge II und V der Richtlinie 92/43/EWG); damit gilt der § 34 Abs. 4 BNatSchG. Ebenfalls ist diese Tierart nach der Roten Liste Deutschlands stark gefährdet und ist damit unter besonderem Schutz nach Anlage 1 Spalte 2 Bundesartenschutzverordnung. Was sagt uns jetzt dieses Juristendeutsch? Im Grunde genommen ein- fach, dass diese Art in ihrem natürlichen Lebensraum nicht umgesiedelt werden kann und darf und damit der Bau eines ICE-Werks auf dem Gelände bei Harrlach nicht möglich ist. Aber ist es denn richtig, dass ein so kleiner Krebs den Bau eines ICE Werks verhindern kann? Der Steinkrebs ist nur die Spitze des Eisbergs Hierzu muss man wissen, dass diese Krebsart ganz besonders reines Wasser benötigt, sowie eineWasserlandschaft mit kleinen Gewässern, die auch in den immer häufigeren Trockenperioden nicht austrocknen. Diese Merkmale sind auch Voraussetzung für das kostbare Trinkwassereinzugs- gebiet bei Harrlach, das es in solcher Güte in der Region nur noch selten gibt. Der Steinkrebs ist hier ein Indikator, ein wichtiger Beleg dafür, dass gerade bei Harrlach das Wasser sogar Mineralwasserqualität hat und diesesWasservorkommen bedeutsam ist, hilft es doch, andernorts nitrat- verseuchtes Wasser auf die gesetzlich vorgeschriebene Trinkwassergüte zu verbessern. Wir haben gerade in dem vergangenen Hitzesommer gesehen, wie wich- tig unser Wasser ist. Insgesamt beziehen 200.000 Menschen zumindest einen Teil ihres Wassers aus dem Harrlacher Trinkwassereinzugsgebiet. Nicht nur die Stadt Fürth und Bereiche von Oberasbach, insbesondere Schwanstetten, Pyrbaum, Allersberg und Roth sind auf die- ses Wasser angewiesen. Im Landkreis Roth wurde indiesem Som- mer in einigen Bezirken das Bewässern der Gärten untersagt. Der Grundwasserspiegel ist in der Gemarkung bereits 1,50 m gefal- len, und der Trend zeigt weiter nach unten. Dies ist bayernweit festzustellen, und gerade im trockenen Mittelfranken sind die Zahlen alarmierend. Vor diesem Hintergrund ist es ein sträflicher Leichtsinn, in ein solch sen- sibles Gebiet wie es das Trinkwassereinzugsgebiet ist, einen 45 Hektar großen Industriebetrieb wie ein ICE Werk zu bauen. Hierfür wird zur Ein- ebnung des hügeligen Geländes in großemUmfang Erdmassen bewegt, die Bodenschichten und insbesondere lehmhaltige Schutzschichten zer- stört; das alles erhöht die Gefahr nachhaltiger Bodenverunreinigungen. Durch die flächige Versiegelung würde die Grundwasserneubildung er- heblich behindert, während umgekehrt bei Starkregen die Pufferfunktion desWaldes fehlt und dasWasser ungehindert abrauscht – dann sogar mit der Gefahr künftiger Überschwemmungen. In anderen Bundesländern wäre dieses Gebiet ohnehin ein strenges Trink- wasserschutzgebiet. Leider gingen die gesetzlichen Regeln in Bayern davon aus, dass die landwirtschaftlichen und forstlichen Flächen ohnehin nicht bebaut werden, und damit der Grundwasserneubildung zur Verfü- gung stehen. Ein Irrtum, der sich in diesem Fall bitter rächt. Interessant ist hier auch ein Blick in die Bayerische Verfassung. Artikel 141, Abs 1 Satz 4 (1) sagt:„Es gehört auch zu den vorrangigen Aufgaben von Staat, Gemeinden und Körperschaften des öffentlichen Rechts, Boden, Wasser und Luft als natürliche Lebensgrundlagen zu schützen, eingetretene Schäden möglichst zu beheben oder auszugleichen und auf möglichst sparsamen Umgang mit Energie zu achten“. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen, dieser Absatz muss einfach nur ernst genommen werden. Verena Masopust, Mitglied BI Kein ICE Werk bei Harrlach < © Matthias Wiesner © Matthias Wiesner

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