meier Magazin - Sommerausgabe 2020 / 21. Jhg.

meier® Magazin / Redaktion Stark in der Gemeinschaft 19 Wie kann man die Situation für Erzeuger und Verbraucher ver- bessern? Nur gemeinsam. Dies ist das Konzept der solidarischen Landwirtschaft (SoLaWi). Der Holzhobelhof in Greuth bei Nürnberg hat sich dem Projekt angeschlossen. Reiner Wiedmann hatte ein Pro- blem. Als kleiner Bio-Landwirt be- treibt er einen Hof mit vielen Standbeinen. Da ist die Landwirt- schaft, der Erlebnisbauernhof und der Hofladen zur Selbstvermark- tung. Eigentlich eine gute Sache, nur kommen die Kunden mit dem Angebot nicht immer zurecht. Wenn es gerade Tomaten in Men- gen gab, aber saisonal keinen Mangold, dann passten Angebot und Nachfrage einfach nicht zu- sammen. Als Reiner Wiedmann dann vor fünf Jahren vom Konzept der SoLaWi hörte, war er sofort interessiert. Aber ein Seminar der Gemein- schaft entmutigte ihn: er solle nicht im Kleinen anfangen, sonst hätte er keine Chance. Er müsse das sofort groß aufziehen, so wurde es ihm gesagt. Die Idee starb, aber nie so ganz. Ein paar Jahre später kam ein Berater von Bioland zu ihm und war ganz anderer Meinung als die Initia- tive. Die Sache würde doch 100 Prozent zum Holzhobelhof passen, so seine Überzeugung. Und so startete Reiner Wiedmann im April diesen Jahres das Projekt SoLaWi auf dem Holzhobelhof. www.meier-magazin.de/holzhobelhof Beteiligung für alle Die Idee ist einfach wie bestechend: ein Teil der Anbaufläche wurde in Ernteteile aufgeteilt, derzeit 21. Die Teilhaber erwerben einen Teil oder einen halben und bezahlen dem Erzeuger eine feste Summe pro Monat – im Falle des Holzhobelhofes 90 Euro pro Anteil. Diese trägt den Bedarf für die Erzeugung des Gemüses, und die Teilhaber bekommen wöchent- lich ihren Anteil der Ernte. Die Vorteile liegen auf der Hand: der Erzeuger hat Planungssicherheit und weiß, dass seine Produkte garantiert abgenommen werden. Es muss nichts weg geschmissen werden, auch„krumme Dinger“ kommen in den Gemüsekorb. Transportwege undVerpackung fallen weg. Und der Kunde bekommt die frischeste Ware, die es überhaupt gibt. Daneben hat er ein Mitspracherecht über den Anbau. „Wir trafen uns zum Start des Projektes uns haben sozusa- gen basisdemokratisch abge- stimmt, was angebaut wird und was nicht. Sobald die Hälfte der Teilhaber + 1 für eine Sorte abstimmen, wird sie angebaut“, erklärt Reiner Wiedmann. So wachsen jetzt Tomaten, Mangold, Lauch und so vieles mehr auf den gemeinschaftlichen Flächen – nur eines nicht: exotische Sorten. Die wollte nämlich keiner. Und auch mitarbeiten dürfen die Teilhaber, zum Beispiel beim Pflanzen, Wässern oder Unkraut hacken. „Das ist ein Darf, kein Muss“, betont Reiner Wiedmann. Neben dem finanziellen Standbein sieht er noch viele andere Vorteile.„Kunden und Erzeuger kommen in Kontakt und lernen die Bedürfnisse undWünsche des anderen kennen. Wo passiert das schon? Wir sind in der Regel doch weit voneinander entfernt“, findet Wiedmann. Natürlich sehen die Teilhaber auch, was es bedeutet, einen Hof zu betreiben. Und sie lernen landwirtschaftliche Produkte ganz anders kennen. „Viele Menschen kennen Spitzkohl etwa nur rein theoretisch. Wenn er aber dann im Gemüsekorb liegt, dann setzen sie sich damit auseinander, was man jetzt damit anfängt“, soWied- mann. Aber auch Saisonalität bekommt eine ganz andere Bedeutung. „Wenn gerade Erntezeit für Tomaten ist, dann kommen die Teilhaber gar nicht mehr darum herum, Tomaten auch einzukochen. Denn die sind eben reif, wenn sie reif sind.“ Frisches Gemüse - das ganze Jahr Um die Versorgung rund um’s Jahr muss man sich übrigens keine Gedan- ken machen. Denn Gemüse gibt es auch im Winter. Natürlich ist der Abholkorb je nach Saison und Angebot mal voller und mal weniger voll. „Aber die einzigen Monate, wo es nicht sehr viel gibt, sind April und Mai“, versichert Wiedmann. Und dafür hat ein gewiefter Teilhaber ja sicherlich vorgesorgt – mit eingekochten Sachen oder durch fachge- rechte Lagerung. Und dass man das bekommt, was die Beteiligung verspricht – nämlich jedes Gemüse, was auf den Anteilen wächst – das ist garantiert. 8 © Holzhobelhof

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